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Lernen und Wissen in der Industrie 4.0

6. April 2018 by Torsten Fell
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Wie die ISO 9001:2015 Revision mit dem neuen Kapitel
„Wissen der Organisation“ die Grundlage dafür bietet?

Wir schreiben das Jahr 2015, September. Die „International Organization for Standardization“ – kurz ISO veröffentlicht die Revision 9001:2015. Immerhin sind weltweit über 1.1 Millionen Unternehmen nach der bisherigen gültigen Versionen zertifiziert. Davon alleine sind ca. 0.5 Millionen in der Europäischen Union und ca. 56000 Zertifikate in Deutschland vergeben. Unternehmen aller Grössen und Branchen demonstrieren mit Hilfe dieser Zertifizierung ihre Verpflichtung zur und ihr Streben nach einer konsistent guten Qualität von Produkten und Dienstleistungen.  Durch den Aufbau eines Qualitäts-managementsystems  profitieren diese Unternehmen von einer besseren Kundenorientierung und erreichen eine hohe Kundenzufriedenheit.

Welches sind die wesentlichen Änderungen der ISO 9001: 2015?

Eine Grossrevision der ISO 9001 wurde am 23. September 2015 abgeschlossen und veröffentlicht. Sie ersetzt die Revision ISO 9001:2008, bringt einige Änderungen mit sich und ist von grosser Relevanz für viele Unternehmen, die nach ISO 9001 zertifiziert sind oder eine solche Zertifizierung anstreben.

Die neue ISO 9001:2015 bietet Unternehmen vielfältige Chancen, u.a. wurden folgende Themen angepasst

  • neues Gerüst der High Level Structure für alle Management-Normen wird auch in der ISO 9001:2015 eingeführt
  • der vertiefte prozessorientierte Ansatz, das risikobasierte Denken, die interessierten Parteien, das Umfeld und Wissen der Organisation sind auf Wunsch und Nachfrage der Anwender hinzugekommen und aufgenommen
  • die Steuerung extern bereitgestellter Prozesse, Produkte und Dienstleistungen, das klassische „Outsourcing“ erhalten in den kommenden Audits mehr Aufmerksamkeit
  • Stakeholder-Ansatz: Das Unternehmen muss ihr Umfeld/ den Kontext ihrer Geschäftstätigkeit verstehen und sich auf die Anforderungen der Stakeholder einstellen.

In der Revision sind somit verschiedene Abschnitte und Themen überarbeitet worden oder halten Einzug in die Standardisierung, dabei spielt das „Wissen“ eine grosse Rolle. Dies wird alleine mit der Häufigkeit des Wortes „Wissen“ deutlich, dies tritt im Gegensatz 23mal mehr auf.

Wissen als zentrale Ressource des Unternehmen erkannt

Wissen ist in der heutigen Wirtschaft ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Revision der ISO 9001 trägt diesem Umstand Rechnung und fordert einen systematischen Umgang mit Wissen. Dazu gehört, dass notwendige Wissen zur Durchführung der Prozesse festzuhalten, aufrechtzuerhalten und für alle Mitarbeiter verfügbar zu machen.

Wissen ist somit die zentrale Ressource des Unternehmens, von deren Güte und Verfügbarkeit sowohl die Effizienz der Arbeitsprozesse, als auch der wirtschaftliche Erfolg abhängen. Denn die Qualität der wertschöpfenden Prozesse wird wesentlich dadurch unterstützt, in welchem Umfang Wissen über interne und externe Prozesse und spezifische Erfahrungen vermehrt und zur Verfügung gestellt wird (Verweis DIN EN/ISO 9000:2015, 2.1 Hervorhebung der Autoren – Wissen als wichtigster Ressource).

Durch Mitarbeiterfluktuation oder Fehler beim Informationsaustausch kann im Unternehmen Wissen verloren gehen und dann ist nicht mehr gewährleistet, dass die erwarteten Ergebnisse (wie die termingerechte Lieferung oder bisherige Qualität der Dienstleistung gegenüber den Kunden) erreicht werden. Ziel ist, diesen Wissensverlust zu verhindern. Es ist also festzulegen, welches Wissen oder auch welche Erfahrungen für das Unternehmen, bezogen auf die Prozesse, Produkte und Dienstleistungen, relevant und erhaltenswert sind und es ist zu planen, wie man diesen Wissenserhalt realisiert.

Auch das Thema lernende Organisation findet unter 9000:2015, 2.4.1.1 Hervorhebung der Autoren – mit „Organisationen haben viele Eigenschaften mit Menschen als einem lebendigen und lernenden sozialen Organismus gemeinsam“.

Die Chancen, die sich dadurch ergeben, sind eindeutig: die ganzheitliche Organisation von Unternehmensprozessen und die kontinuierliche Verbesserung in allen für die Zukunft des Unternehmens relevanten Bereichen.

Hier nimmt die ISO 9001:2015 die ständige Weiterentwicklung in den Fokus: Welches Wissen und welche Informationen das Unternehmen braucht, damit es morgen den Platz im Markt behalten oder ausbauen und weiterhin zeitgemässe und attraktive Produkte oder Dienstleistungen anbieten kann.

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Bild 1 – Wissen im Kundenprozess

Erfahren Sie mehr im zweiten Teil „Lernen und Wissen in der Industrie 4.0“, dort werden folgende Aspekte behandelt.

  • Wissen der Organisation als Wettbewerbsfaktor nutzen
  • Transformation und Change
  • Umsetzung in die Praxis

Wissen der Organisation als Wettbewerbsfaktor nutzen

Aus Sicht von Lern- und Wissensprozesse ist insbesondere das neue Kapitel 7.1.6 „Wissen der Organisation“ und Anhang A interessant. Hier wird im neuen Kapitel „Organisational knowledge“ die Wichtigkeit von Wissen im Bezug auf das Qualitätsmanagement dargestellt.

Dabei müssen folgende Themen mindestens erfüllt werden, natürlich ist die Umsetzung und die Art und Weise individuell zu bestimmen und in der Praxis der jeweiligen Organisation zu integrieren.

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Bild 2 – Wissen im Arbeitsprozess (c) 2016 Torsten Fell
  • Wissen bestimmen, aufrecht erhalten und zur Verfügung stellen
    • Auszug „Die Organisation muss das Wissen bestimmen, das benötigt wird, um ihre Prozesse durchzuführen und um die Konformität von Produkten und Dienstleistungen zu erreichen.“
    • Auszug „Dieses Wissen muss aufrechterhalten und in erforderlichem Umfang zur Verfügung gestellt werden.“
  • Zusatzwissen erlangen
    • Auszug „Beim Umgang mit sich ändernden Erfordernissen und Entwicklungstendenzen muss die Organisation ihr momentanes Wissen berücksichtigen und bestimmen, auf welche Weise jegliches notwendige Zusatzwissen und erforderliche Aktualisierungen erlangen oder darauf zugegriffen werden kann.“
  • Mitarbeiterkompetenzen bestimmen, überprüfen und vermitteln

Die Punkte zeigen klar, dass es sich nicht um Allgemeinwissen handelt, sondern um spezielles „Know-How“, welches typischerweise in der Organisation durch Erfahrung gewachsen ist. Die Organisation sollte darlegen können, dass dieses Wissen tatsächlich „systemisch gesichertes Wissen der Organisation“ ist und nicht etwa das „private“ Wissen einzelner Mitarbeiter.

Um das erforderliche Wissen zu erlangen, kann die Organisation folgendes betrachten:

  • Interne Quellen – Kontinuierlicher Verbesserungsprozesse (KVP), aus Fehlern lernen, Wissenslandkarten, aus erfolgreichen Projekten lernen, Erfassung von nicht dokumentiertem Wissen und Erfahrungen der Experten innerhalb der Organisation.
  • Externe Quellen – aus Normen, Konferenzen, Expertennetzwerke, Kongresse, Hochschulen und Wissenserwerb durch Kunden oder Anbieter/Zulieferer

In einer möglichen Umsetzung, spielen eine Vielzahl von Beteiligten eine Rolle. Anhand einiger Beispiele soll aufgezeigt werden wie diese einen Ansatz unterstützen könnten:

  • Top Management: Ressourcenplanung, Übersicht der Know-How-Träger, Übersicht externer Entwicklungspartner und Lieferanten, Lizenzgeber
  • Personalabteilung: Gap-Analysen, Schulungsplanung, Qualifikationsmatrix, Kompetenz/Skill-Datenbank, Liste künftiger Pensionäre (Nachfolgeplanung), Personalpläne, Einstellungspläne, Schulungspläne, Stellenbeschreibungen, Stellenausschreibungen, Arbeitsplatz nahes Lernen (Kontextsensitiv)
  • Prozessverantwortliche: Einarbeitungspläne, Übergabepläne und -programme (Patenschaften), Spezifikationen, Wikis, Reklamationsdatenbank, CRM, Kooperationspartner
  • Mitarbeiter (in ihrer Rolle als Wissensträger): Interviews, Motivation sein Wissen zu teilen, Vertretungsregelungen, Nachfolgeregelung

Interessant erscheint mir auch das Thema zukünftige Trends/Ent-wicklungstendenzen, hier müssen ganzheitliche Wissensstrategie entwickelt werden, um Entwicklungen für seine eigenen Geschäftsmodelle einzuschätzen und notwendiges Wissen abzuleiten. Wissen ist hierbei immer als Ressource zu betrachten, die es zu bestimmen, aufrecht zu erhalten und zu schützen gilt – Kapitel 7.1.5 ISO 9001:2015.

Wichtig erscheint mir damit auch, dass nicht nur der neue Abschnitt zum Thema „Wissen der Organisation“ unter 7.1.6 eine Rolle in den Überlegungen einer Neuausrichtung zu Lernen und Wissen im Zusammenhang einer Digitalen Transformation spielt, sondern weitere Abschnitte in den Überlegungen der Neugestaltung von Lern- und Wissensprozessen berücksichtigt werden. Das ist insbesondere in Zeiten der Wandlungsfähigkeit von Unternehmen eine besondere Herausforderung und Basis. Besonderen Augenmerk sollte man im Bezug auf die neuen Geschäftsmodelle, neu gestaltete Arbeitsplätze und Rahmenbedingungen, Prozesse und Produkte und die Services ausgerichtet an den Kunden darstellen.

Hierzu bilden die ISO 9001:2015 in den Unterkapiteln in 7.1 wie „People“, „Infrastructure“, „Environment for the operation of processes“ oder „Monitoring and measuring resources“ eine gute Basis. Auch die Kapitel 7.2 „Competence“ oder 7.3 „Awareness“ und nicht zuletzt 7.4 „Communication“ oder 5 „Leadership“ sind zu berücksichtigen und in eine ganzheitliche Überlegung mit einzubeziehen. Besonders zum Thema 7.2 „Kompetenz“ sind folgende Punkte interessant, die Organisation muss:

  • für Personen, die unter ihrer Aufsicht Tätigkeiten verrichten, welche die Leistung und Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems beeinflussen, die erforderliche Kompetenz bestimmen
  • sicherstellen, dass diese Person auf Grundlage angemessener Ausbildung, Schulung oder Erfahrung kompetent sind
  • wo zutreffend, Massnahmen einleiten, um die benötige Kompetenz zu erwerben, und die Wirksamkeit der betroffenen Massnahmen zu bewerten
  • angemessene dokumentierte Informationen als Nachweis der Kompetenz aufbewahren

Wenn man diese Punkte ernst nimmt, ergeben sich schon jetzt Ansatzpunkte, dass interne Aus- und Weiterbildungsangebote auf die benötigen Kompetenzen der Organisation den Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen. Alle diese Aktivitäten sind und sollten auf die Kunden ausgerichtet sein. Das neue risikobasierte Denken unterstützt hier Überlegungen und Umsetzungen.

Transformation und Change

Diese sind insbesondere in den Transformationsprozessen in den geplanten bzw. durchgeführten Change-Aktivitäten einzubinden und zu kombinieren. Dazu sind die anstehenden Transformationen in die Industrie 4.0-Denkweise ein geeigneter Zeitpunkt. Die Veränderungen fördern ein neues Denken und die Generierung geeigneter Rahmenbedingungen und die dazu benötigen Kulturen. Agilität, Innovation und Kreativität fördern, die Notwendigkeit über Organisations- und Führungsstrukturen konkret nachzudenken und zu optimieren. Wissen ist immer an die jeweilige Person geknüpft und kann nur zum Teil expliziert werden und damit für andere individualisierbar werden. Umso wichtiger ist es die Change-Prozesse ganzheitlich zu betrachten und zu begleiten. Eine Kultur zu fördern, in der Wissen teilen an der Tagesordnung steht und in der Fehler eine Chance sind sich zu verbessern.

Im Zusammenhang des Zusatzwissens, wären hier z.B. die Einbindung von Wissen der Zulieferer oder Kooperationspartner zu nehmen. Auch das Wissen von Kunden z.B. in OpenInnovation-Ansätze oder in einem gezielten Kunden-Academy-Ansatz könnten hier Umsetzungsvarianten sein.

Interessant finde ich auch die Zusammenhänge, zu den im Moment immer wieder diskutierten 70:20:10-Ansatzes. Hier gibt es einige Möglichkeiten der Vernetzung, z.B. der Umgang und das Bewusstsein der bestehenden informellen Lernprozesse in einer Organisation, die Förderung von Austausch und Wissenstransfer von Erfahrungswissen z.B. in Nachfolgeprozesse oder das gezielte Training praxisrelevanter Kompetenzen oder Produktwissen. Hier könnten die benötigen Aktivitäten aus der ISO 9001:2015 berücksichtigt werden und einfliessen und somit zum Businesserfolg konkret beitragen. Hier sind z.B. Steigerung der Effizient bei Produktentwicklungszyklen oder die Kundenorientierte Bearbeitung von Serviceanfragen in Call Centern eine Rolle spielen. Auch der kontextsensitive Zugang des benötigten Wissens in den Produktionsprozessen erlaubt, die direkte Integration in die Arbeitsprozesse und die aktive Gestaltung von Lern- und Wissensprozessen.

Umsetzung in die Praxis

Die beschriebenen Anforderungen sind in dieser Form neu und möglicherweise mit nennenswertem Aufwand verbunden. Der Aufwand hängt im Einzelfall davon ab, ob die Organisation bereits jetzt den aktiven Umgang mit Wissen fördert und einfordert. Es bleibt weiterhin abzuwarten, wie die Auditoren das Thema „Wissen der Organisation“ in ihre Audits integrieren und berücksichtigen.

Intelligente Organisation werden zunehmend unabhängig von der ISO 9001:2015 die Themen Wissensaufbereitung, Wissensaustausch und ganzheitliche Wissens- und Lernframeworks aus- und aufbauen. Diese kann dann an den Kunden und Geschäftsmodellen ausgerichtet und am Leben erhalten werden. Somit eine moderne Unternehmenskultur initiieren und ermöglichen, die in einer sich ständigen wandelten Welt, wandlungsfähig bleibt, eine gelebte Fehlerkultur hat, Agilität fördert und Kundenorientiert Lösungen anbietet und dabei die Mitarbeitenden motiviert dies jeden Tag unter Beweis zu stellen und Ihr Erfahrungswissen auszubauen und zu teilen.

Diese anspruchsvolle Transformation würde nicht zuletzt den Erfolg der Organisation sicherstellen und gleichzeitig die ISO 9001:2015 berücksichtigen. Dies wäre doch eine schöne Aussicht.

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Torsten Fell

MBA e-learning/Wissensmanagement Experte für Neue Lerntechnologien Diplom-Ingenieur (FH) Industrieelektroniker Als Head Business Transformation war Torsten Fell bis Januar 2017 bei der AXA Winterthur (CH) für die „Digitale” Business Transformation in der Distribution/Vertriebsentwicklung der AXA Schweiz verantwortlich. Zuvor war er u. a. verantwortlich bei der Raiffeisen Schweiz – St.Gallen für die Fach-/Verkaufs- und Bankapplikationsausbildung und das Thema Neue Lernformen in der von ihm aufgebauten Raiffeisen Academy. Weiterhin war er bei der Dresdner Bank (heute Commerzbank) in der strategischen Personalentwicklung tätig und der ING DiBa zentral verantwortlich für neue Lernformen. Torsten Fell hat sieben Jahre mit „Wissen schafft Werte” – St. Gallen (Schweiz) Unternehmen bei der Gestaltung und Implementierung neuer Lern-, Wissens- und Innovationsprozesse sowie bei der Digitalen Transformation unterstützt. Heute ist er als erfahrener Experte im Umfeld Corporate Learning und Digitale Transformation tätig und begleitet Firmen bei den Herausforderungen im Wandel. Als Speaker, Dozent und Autor gibt es sein Wissen gerne weiter und ist mit seiner über 19 Jahre vorhandenen Erfahrung somit einer der führenden Experten in diesen Gebieten.

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